Importiertes Glas, Metall und Seide in Gräberfeldern in den Felsennischen des Nordkaukasus sind Zeugnisse des kaukasischen Abschnitts der Seidenstrasse. Lange Zeit wurden für die ethnokulturelle Bestimmung der Gräber ­autochthone Traditionen und iranische Einflüsse herangezogen, die in der sowjetischen Geschichtsforschung favorisiert wurden. Die intensiven alttürkischen Impulse auf die Kultur der mittelalterlichen nordkaukasischen Bevölkerung wurden vielfach ignoriert. Wichtigstes Datierungsmaterial für die mittelalterlichen Gräberfelder des 7.-9. Jhs. sind importierte Stoffe, die seit rund 50 Jahren als „Seide des Zandanecˇi“ bekannt sind.

Heute erkennt man am Schnitt des männlichen Kaftans, der Miniaturkleidung und einer ganzen Reihe weiterer Funde aus nordkaukasischen Bestattungen deutliche Parallelen zu zentralasiatischen Funden. Die falsche kulturell-chrono­logische Bestimmung und der Mythos der „Seide des Zandanecˇi“ beruhen im Wesentlichen auf einer falschen Übersetzung und einer einseitigen Deutung der Quellen. Dies erfordert heute eine Neubewertung und die Anwendung interdisziplinärer Forschungsmethoden bei den Untersuchungen der Gräberfelder in den
Felsennischen des Nordkaukasus.

Zvezdana Dode forscht am Southern Scientific Center of Russian Academy of Science (SSZ RAS). Der Vortrag findet im Rahmen ihres Topoi-Fellowships im Projekt (B-2-4) Scythian tombs statt.