Wissenschaft und Kunst lassen sich als einander überschneidende Symbolsysteme verstehen, mit denen Welten beschrieben und erzeugt werden. Es ist daher ebenso legitim wie reizvoll, den material turn und die archäologischen “Massendinghaltung” aus einer bestimmten Sicht der Kunst zu hinterfragen, die vor rund 100 Jahren mit Marcel Duchamp’s objets trouvés begann, den Ding-Charakter des Kunstwerkes zu entdecken und symbolisch zu transformieren. Die Concept art der 1960er Jahre radikalisierte diesen Ansatz und identifizierte Dinge als Kunstwerke, deren Aussage nicht mehr autonome Objekte (Bilder, Skulpturen, Fotos, etc.) waren, sondern Form gewordene Konzepte zur Entstehung, Nutzung und Bedeutung von Dingen. Berühmt wurde Joseph Beuys’ “Badewanne” (1960), nachdem deren Symbolik einer übereifrigen Reinigungskraft zum Opfer gefallen war, ein Schicksal, das vor zwei Jahren auch Martin Kippenbergers Trog erlitt und die medienwirksame Frage evozierte: “Ist das Kunst oder kann das weg?” Aber nicht nur in der Schlüsselrolle der dem Alltag entnommenen Dinge, auch in Stilmitteln wie Wiederholung und Masse und nicht zuletzt im Einsatz digitaler Medien wird die Homologie zwischen Concept art und Prähistorischer Archäologie sichtbar: Auch in der Archäologie ist die Individualität des wissenschaftlich und kommerziell kostbaren Einzelobjektes oder –befundes (Beispiel “Fürstengrab”) an den Rand gedrängt worden von unansehnlichen Massen (Beispiel Großgrabung); auch hier ist an die Stelle der Ikone das Kollektiv der Dinge getreten, deren Konzepte – ihr einstiger sozialer Stellenwert – mit Hilfe quantitativer Methoden (re)konstruiert werden soll. Denn auch die Archäologie glaubt, dass das Gesetz der Serie einen Querschnitt durch Raum (Gesellschaft) und Zeit (Geschichte) ermöglicht, obwohl auch sie längst eingesehen haben müsste, dass sich Konzepte nur schwer “dingfest” machen lassen. Aber so wie sich die Kunst immer mehr auf die Konzepte konzentrierte und dafür die Form vernachlässigte, bis sie “buchstäblich” nur noch aus Worten bestand, so klammert sich die Archäologie an Fragen, die seit dem Historismus von den Schriftquellen diktiert werden. So wie die Concept art aus Mangel an Gestalt und Gestaltung heute quasi verhungert, so könnte auch die Archäologie aussterben, wenn sie nicht lernt, die gestalterischen (d. h. narrativen) Qualitäten ihrer Dinge zu nutzen. Wenn ihr das aber gelingt, wird sich die im Titel gestellte Frage von selbst beantworten. Allerdings könnten die Antworten je nach Kontext unterschiedlich ausfallen.