Die Commentarii rerum Germanicarum, eine Monographie über ‚germanische Geschichte” in lateinischer Sprache, wurden 1616 vom niederländischen Geographen, Theologen und Leidener Professor Petrus Bertius in Amsterdam veröffentlicht und dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, Matthias II. (reg. 1612–1619), gewidmet. Das Werk zeichnet sich in seinen 3 Büchern durch eine enzyklopädische, aber auch bewusst leserfreundliche Tendenz aus, die nicht allein in Gelehrsamkeit aufgehen will.
An diesem Werk soll der Frage nachgegangen werden, in welcher Weise germanische Altertümer (literarische sowie auch materielle Überlieferungen) über historisches Erzählen in den eigenen Aufnahmebereich, der für den Autor angenommen werden kann, transformiert werden. Dem Text selbst geht bereits ein längerer Diskurs über die res Germanicarum voraus, der in der Wiederentdeckung der taciteischen “Germania” Ende des 15. Jhdts. seine Initialzündung fand und in der Folgezeit – neben der Kommentierung der Schrift – zu einer ganzen Reihe von Veröffentlichungen und erneuten Quellenerschließungen zum ‚germanischen Thema” führte. Im Zentrum der Betrachtungen wird daher die Generierung, Rekonstruktion, Repräsentation und Transformation ‚germanischen Raumwissens” stehen und welche Textstrategien historischer Narration Bertius dazu verwendet. Dabei wird gefragt werden, in welcher Weise sich die Commentarii – in der Zeit eines sich professionalisierenden Kartierens der Erde und allgemeinen Aufschwungs der Geographie sowie des Sammelns von Altertümern um 1600 herum – der Antike als einem Wissensraum bedienen und auf diese Weise ‚germanisches Raumwissen” konstruieren und somit konstituieren.
Als theoretische Ansätze werden Hans-Jürgen Pandels Ausführungen zum “Historischen Erzählen”1 und das Transformationskonzept von Bergemann/Dönike/Schirrmeister/Toepfer/Walter/Weitbrecht2 miteinander verbunden und ferner durch Martina Löws Ansätze zu spacing und Syntheseleistung für die Analyse von Raumkonstitutionen3 erweitert und auf den literaturwissenschaftlichen Gegenstand appliziert werden.
In einem kurzen Ausblick soll auf der Basis der Vortragsergebnisse der Versuch unternommen werden, zu eruieren, wie sich die commentarii des Petrus Bertius in den Germanien und Germanendiskurs des 16. und frühen 17. Jhdts. einordnen lassen bzw. welches Fortwirken das monographische Schreiben über germanisches Altertum in der Folgezeit genommen hat und auf diesem Wege die Geistes- und Wissenschaftsgeschichte (z.T. bis heute) beeinflusst hat.

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1 Pandel (2010) 75-92.
2 Bergemann/Dönike/Schirrmeister/Toepfer/Walter/Weitbrecht (2011) 39-56.
3 Löw (2001) 152-230.

Bibliographie:

  • Bergemann/Dönike/Schirrmeister/Toepfer/Walter/Weitbrecht: Transformation, Ein Konzept zur Erforschung kulturellen Wandels, in: Böhme, Hartmut et al. (Hgg.): Transformation, Ein Konzept zur Erforschung kulturellen Wandels, München 2011, 39-56.
  • Löw, Martina: Raumsoziologie, Frankfurt am Main 2001.
  • Pandel, Hans Jürgen: Historisches Erzählen, Narrativität im Geschichtsunterricht, Schwalbach/Taunus 2010.
  • Petri Bertii Commentariorum Rerum Germanicarum libri tres, Amsterdam 1616. [dig. in den Thesaurus-Editionen, CAMENA, Heidelberg/Mannheim].