Vorgestellt wird eine neue Theorie bezüglich der Interpretation der sogenannten “Sonderarchitektur” im Protoneolithikum (insb. Göbekli Tepe) und ein darauf basierendes Forschungsprogramm als Ergebnisse der jüngst abgeschlossenen Dissertation zum Thema “Forschung in Theoretischer Archäologie: Interpretation der `Sonderarchitektur´ im Protoneolithikum als institutionalisierter Datenverarbeitungsraum”.
Die “Sonderarchitektur” wurde bislang auf der Grundlage von Spekulation über ihr Inventar an monolithischen Stelen mit naturalistischen, stilisierten und abstrakten Darstellungen der Religion zugeordnet und als Tempel gedeutet. Diese Deutung wird in der Dissertation kritisiert und die Architektur in einem crossdisziplinären Verfahren u.a. mit Bezug auf allgemein charakteristischen Persönlichkeitseigenschaften des Homo sapiens als institutionalisierter Datenverarbeitungsraum interpretiert. D. h. in der Dissertation wurde eine Theorie entwickelt, die diese Gebäude als architektonisch aufgewerteten Raum der Gesellschaft erklärt, in dem die Existenzerhaltung und Existenzentfaltung betreffender Probleme der Protoneolithiker entsprechend dem Habitus durch die Erforschung von Flora und Fauna aufgearbeitet bzw. gelöst wurden. Demnach besagt die Theorie, dass es sich bei den Darstellungen auf den Stelen um die räumlich-materielle Manifestation des Wissens ihrer Erbauer, bzw. um die Dokumentation der in dieser Architektur durchgeführten Forschung (Archiv), handelt.
Im Forschungsprogramm gilt es dieses Wissen systematisch zu erforschen. Dazu werden auf der Grundlage der dargelegten Basistheorie u. a. drei Zeichenkategorien unterschieden: Die naturalistischen, die stilisierten und die abstrakten Darstellungen. Zur Dekodierung der abstrakten Zeichen wird das Wissen über die naturalistischen Darstellungen von Flora und Fauna sowie das Wissen über den Homo sapiens mit Bezug auf den historischen Kontext korreliert.
Das Thema ist insofern im Themenbereich 1 (Strategien der Materialsierung von Raum und Wissen und ihre Analyse) einzuordnen.