Krieg und Gewalt als scheinbar allgegenwärtige Phänomene der antiken Kultur finden ihren Niederschlag auch in der griechischen und römischen Literatur. Doch überwiegen in Epos und Tragödie, aber auch in der Geschichtsschreibung eben gerade nicht autobiographische Augenzeugenberichte von Kriegsteilnehmern oder -opfern, sondern fiktionalisierte Kriegsdarstellungen, die oft im Medium des Mythos reflektiert werden (z.B. anhand des Troianischen Krieges, wie etwa in den Homerischen Epen, den Tragödien des Euripides oder in Vergils Aeneis). An ausgewählten Textbeispielen soll aufgezeigt werden, wie solche Gewalts- und Kriegsnarrative aus der Perspektive verschiedener textinterner Akteure rekonstruiert und einem antiken (und modernen) Publikum vermittelt werden. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Wirkung von Emotionen und Sinneswahrnehmungen, die Identifikationsangebote für die Rezipienten bereitstellen, um die ‘unsagbare’ Erfahrung des Krieges zu veranschaulichen. Als Interpretationsansätze werden entsprechend neben Intertextualität und Narratologie auch Emotionsforschung und ‘sensory studies’ herangezogen, die der aktuellen Forschungsdiskussion zu Kriegsdarstellungen in der antiken Literatur neue Impulse geben können.